Dienstag, der 22. Januar 2013: in der Dresdner Innenstadt (Zirkusstraße) wird bei Bauarbeiten am Marie-Curie-Gymnasium eine 250kg Fliegerbombe aus dem zweiten Weltkrieg entdeckt. 1500 Menschen müssen in Sicherheit gebracht werden, über 400 Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten sind im Einsatz. Das ganze bei -8 Grad. Für mich standen neun Stunden Außeneinsatz als Reporter an, ein besonderer und außergewöhnlicher Einsatz. Mein ganz persönliches Fazit:
Pressearbeit von Polizei und Feuerwehr
Die Kollegen der Pressestellen haben top informiert. Die Bombe wurde am Dienstagnachmittag entdeckt, gegen 15.30 Uhr kam die entsprechende Erstinformation als E-Mail von der Polizei. Per Twitter sind DNN, Radio Dresden und SZ-Online sofort mit einer Kurzmeldung online, wir berichten wenige Sekunden später mit einer kurzen Moderation im Programm. Ein Polizeisprecher ist bereits 4 Minuten später bei uns im Interview auf der Antenne. Die ersten Kurzberichte finden sich auf den lokalen Onlineportalen. Vielleicht der einzige kleine Kritikpunkt: der E-Mail-Verteiler der Polizei arbeitet wohl etwas schwerfällig, während die ersten Kollegen die PM der Polizei bereits in den Händen halten, erreicht andere Redaktionen diese erst 3-4 Minuten später.
Wenig später sind wir vor Ort und können die ersten Livetakes vom Geschehen absetzen. Sehr erfreulich: fast ungehinderter Zugang zum Einsatzgebiet (abgesehen von der unmittelbaren Fundstelle der Bombe), auch wenn die Straße bereits weiträumig abgesperrt ist. Feuerwehreinsatzleiter, Polizeiführer, Polizeipressesprecher, Kampfmittelbeseitigungsdienst, Feuerwehrsprecher… nacheinander treffen die diversen Akteure ein UND sind unkompliziert für kurze Interviews zu erreichen. Später kommt u.a. auch der Chef von GlaxoSmithKline, denn: 400 Mitarbeiter wurden nach Hause geschickt, die Bombe lag direkt gegenüber des Serumwerkes. Mein Fazit bis zu diesem Zeitpunkt (ca. 18.30 Uhr) – tolle Pressearbeit, hier versucht keiner deine Arbeit zu behindern, jeder versucht professionell und direkt zu informieren.
Panne bei Notunterkünften
Am frühen Abend werden zunächst das St. Benno Gymnasium, die Berufsschule an der Gerokstraße und später dann auch das Hygienemuseum als Notunterkünfte genannt. Wir kommunizieren diese sofort per Twitter, Website und on Air. Gut eine Stunde später informiert ein Polizeisprecher dann telefonisch in der Redaktion: es gibt nun doch andere Notunterkünfte. Warum zunächst falsche Unterkünfte genannt/festgelegt wurden, war zunächst unklar. Verwaltungsbürgermeister Sittel räumte später im Stadtrat die Panne ein. Am Benno-Gymnasium hatten jedenfalls schon dutzende Anwohner Einlass begehrt. In der Turnhalle an der Güntzstraße, die nun neue Unterkunft sein sollte, lief dagegen noch Hallenfußball, hier war man völlig überrascht, Anwohner die Einlass begehrten waren zusehends genervt. Via Facebook meldete sich auch ein Helfer bei uns, der die Zustände kritisierte, Decken und warme Getränke fehlten. Hier muss also definitiv nachgebessert werden!
Technische Widrigkeiten bei -8 Grad
Auch als Reporter ist man nicht vor Pannen und Widrigkeiten gefeit: Dass ein iPhone-Akku nicht ewig hält, ist klar. Dass das Gerät allerdings bei 20% Restakku nach rund 4h intensivem Dauereinsatz für Telefonate, Twitter-, Facebookpostings und 1:1 Interviews dann aufgrund der Kälte komplett den Betrieb einstellt, war für mich neu. Glücklicherweise waren zu diesem Zeitpunkt fast alle wichtigen Interviews überspielt – ein Kollege half dann kurzfristig mit seinem Handy aus, um zumindest im Funkhaus Bescheid zu geben, dass nun der Saft alle ist. Also folgte der zwischenzeitliche Umzug ins Auto, die Finger und Füße waren inzwischen eiskalt, auf dem Handy tippen war fast unmöglich, ich war durchgefroren.
Mein ganz persönliches Highlight: eine Kollegin kommt aus dem Feierabend zurück, bringt Tee, ein zweites Paar Socken, Nervennahrung und jede Menge Aufmunterung mit und unterstützt vor Ort. Toll! Ein zweiter Kollege bringt dann noch ein USB-Akku-Pack mit, die Rettung! Inzwischen sind weitere Interviews abgesetzt und Beiträge per Laptop überspielt – nun kann auch im Außeneinsatz wieder losgelegt werden. Für mich erstaunlich: ab 20 Uhr waren viele Kollegen bereits abgerückt (bzw. waren auf Stimmenfang und für Fotos bei der Evakuierung und in den Notunterkünften unterwegs).
Radio – immer noch das schnellste Medium
Ab diesem Zeitpunkt können wir fast exklusiv on Air und per Twitter über die neueste Entwicklung berichten. (Entschärfung verzögert sich, pflegebedürftige Anwohner müssen mit RTWs abgeholt werden, die kommen aus dem Umland, Straßensperrungen verzögern sich, etc.) Auch die geglückte Entschärfung um 23.58 Uhr ist bei uns fast unmittelbar auf der Antenne und online, wir hatten durch Glück einen super Standort außerhalb des Sperrkreises, von dem aus die Lage gut einzusehen war.
Besonders erfreulich war für mich in dem aktuellen Fall das viele viele positive Feedback, ob per E-Mail, Twitter von Hörern und Kollegen und dazu passend die extrem positiven Zugriffszahlen, Reaktionen und Interaktionen auf Facebook, Twitter und unserer Website.
Mein Fazit: Tolle Kollegen, ein tolles Team, das zählt in solchen Momenten! Die Arbeit als multimedialer Reporter rockt! Das technische Equipment wird aufgestockt um Akku-Packs für mobile Geräte. Radio geht immer noch ins Ohr, bleibt im Kopf!
Auch sehr lesenswert:das Storify zur #Fliegerbombe #Dresden
Wie habt ihr den Abend erlebt? Sind euch andere Dinge im medialen Rauschen aufgefallen?
[…] Hier geht es zu seinem Blogeintrag: “Reporterfazit zur Fliegerbombe Dresden“. […]
[…] bei Radio Dresden, lässt den Tag und Abend der Bombenentschärfung vom 22.01.2013 noch einmal mit einem persönlichen Fazit Revue […]
[…] als Quelle in Anspruch genommen. Zuletzt konnte man das am 13. Februar beobachten und davor war u.a. @radiodresden bei einer spektakulären Bombenentschärfung live dabei. Diese Entwicklung ist durchaus erfreulich, rückt aber auch den einen oder anderen Stolperstein […]