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Das Problem mit der Jerusalema-Challenge – exklusive Warner-Info

Andreas Szabó 0

Die weltweite Jerusalema-Challenge wirft ein paar interessante rechtliche Fragen auf. Zum einen hinsichtlich des Urheberrechtes, als auch zur GEMA und zum Thema “Moral vs Viralität vs Challenges”. Ein kleiner Text zu einem weltweiten Phänomen, mit exklusiven Infos weiter unten im Text von Warner Music!

Ich habe mich mit dem Thema auch mit anderen Öffentlichkeitsarbeits- und Social Media-Kollegen vorab ausgetauscht. Da ich selber nicht 100 Prozent sicher war. Und da es offenbar vielerorts gefährliches Halbwissen gibt. Oder das Prinzip: wo kein Kläger, da kein Richter. Auch ich selbst wollte ein Video für eine Kindereinrichtung auf den Weg bringen, wir haben das Thema aber erstmal auf Eis gelegt. Aber von vorne:

Weltweit beteiligen sich Institutionen wie die Dresdner Verkehrsbetriebe AG oder Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Kliniken wie das Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Fluggesellschaften, die Polizei NRW oder Firmen wie Kaufland an der #JerusalemaChallenge. Diese Videos werden hunderttausendfach geklickt. Teils werden auch Reichweiten im Millionenbereich erzielt.

In diesen schwierigen Zeiten ist dieser Song des Südafrikanischen DJs Master KG durch eine Tanzchallenge weltweit viral gegangen. Tausendfach werden die Tanzschritte kopiert und als neue Videos hochgeladen. In Deutschland beteiligen sich viele Institutionen: zum Beispiel aus dem Bereich der Kliniken oder Retter und Helfer. In erster Linie machen sie mit, um gemeinsam in der Corona-Zeit ein positives Zeichen auszustrahlen.

Zwei Punkte zu klären: Lizenz und GEMA

Und dann kam Warner Music: Warner hat die Rechte an dem Titel. Und hat nun ersten größeren Institutionen, die viele Klicks erzielten, Briefe/Mails geschrieben. In einigen Presseartikeln war/ist fälschlicher Weise von Abmahnungen die Rede. Es geht um Lizenzgebühren, genauer um die sogenannte Synchronisationslizenz. Warner ist rechtlich damit vermutlich auf der sicheren Seite.

Lade ich ein Video hoch, nutze dafür einen Musiktitel, muss ich zwei Dinge beachten: das Urheberrecht und die GEMA.

Das Urheberrecht liegt beim Künstler und/oder Label – in diesem Fall also Warner. Will ich das Lied nutzen, brauche ich die Genehmigung und ggf. eine Lizenz – mit entsprechende Gebühren. Die Genehmigung muss ich vorab beim Rechteinhaber einholen. Zumindest, wenn ich keine Abmahnung riskieren will.

Für das öffentliche Aufführen des Werkes ist in Deutschland die GEMA zuständig. Die hat mit Netzwerken wie Youtube einen Pauschalvertrag. Sollte ich das Video aber zum Beispiel auf meiner Website veröffentlichen oder bei einem Fest zeigen, brauche ich dann auch eine GEMA-Lizenz. Die günstigste Lizenz fürs Web fängt nach meinen Recherchen bei etwa 240 € im Jahr an.

Recht versus Moral

Was Warner für die Synchronisationslizenzen aufruft ist bis dato nicht bekannt. In Artikeln von Focus Online war von “im Einzefall angeblich mehreren tausend Euro” die Rede, was mir bei größeren Anbietern und größerer Reichweite durchaus realistisch erscheint. Das muss aber nicht die Regel sein. Nun hätte Warner die Möglichkeit bei monetarisierten YT-Kanälen die Einnahmen für sich zu beanspruchen, das wäre auch ihr gutes Recht. Gerade aber im Unternehmens- und NGO-Kosmos werden viele gar nicht die Youtube-Monetarisierung nutzen, Warner bleibt also am Ende nur der Weg über die Einforderung der Lizenzgebühren. Wenn man es denn darauf anlegt und das Recht strikt durchsetzen will.

Und das ist der Punkt: der Song von Master KG ist insbesondere durch die Jerusalema-Tanzchallenge ein weltweiter Hit geworden. Und wird insbesondere von denen genutzt, die in der Corona-Krise unglaubliches leisten. Das entbindet natürlich nicht vom Urheberrecht. Moralisch sieht das natürlich anders aus, ein Sturm der Entrüstung entlädt sich aktuell im Netz.

Was sagt Warner? Ich habe Post erhalten

Wie mir Warner nun auf meine Anfrage mitteilte, sei die Lizenz für Privatveröffentlichungen bereits freigegeben. Man freue sich mitteilen zu können, “dass die Rechte für die private Nutzung für die gängigen Social Media- und Videoplattformen bereits erteilt wurden. Sie können also ein Video Ihrer Performance posten und das Video online veröffentlichen, ohne eine Genehmigung einzuholen oder eine Lizenz kostenpflichtig zu erwerben.”

Mit Unternehmen und Institutionen werde man sich in kürze in Verbindung setzen. “Da wir uns des Charakters der ‘Jerusalema Dance Challenge’ bewusst sind, berücksichtigen wir die jeweiligen Rahmenbedingungen des/der jeweiligen Nutzers*in durch abgestufte Lizenzvergütungen. Daher bieten wir je nach Nutzer*in unterschiedliche Preiskategorien für unterschiedliche Nutzungen an, auch rein symbolische Beträge.”

Entsprechend äußerte sich Warner auch gegenüber der Deutschen Presse Agentur und anderen Onlinemagazinen. Focus online zitiert allerdings einen Unternehmenssprecher auch mit den Worten: Warner müsse sicherstellen, „dass unsere Künstler und Künstlerinnen eine faire Vergütung für die Nutzung ihrer Musik erhalten“. Dies gelte insbesondere, wenn bei Videos, „die mit unserer Musik veröffentlicht werden, ein werblicher oder imagefördernder Effekt zugunsten einer Institution, Organisation oder Firma gegeben ist.“

Was Vereine und Firmen bei Challenges wie Jerusalema beachten sollten

Lange Rede kurzer Sinn: auch NGOs oder kleine Vereine müssen wohl zumindest einen symbolischen Betrag entrichten und sollten sich mit Warner in Verbindung setzen. Größere Institutionen lassen das am besten über ihre Marketing- und Rechtsabteilung mit Warner abklären. Und im besten Fall natürlich vor Veröffentlichung eines Jerusalema-Videos.

Ja, nervig. Ja, das widerspricht dem Viralitäts- und Sharingprinzip des Social Webs. Und Ja, das kann vielen auch die Lust nehmen, daran teilzunehmen.

Wer allerdings rechtssicher arbeiten will, sollte erst die Lizenz einholen oder eben schon vorab gedanklich einen größeren Betrag an noch möglich auflaufenden Kosten in der Planung verankern. Unternehmen wie den BVG oder großen Fluglinien und Supermärkten werden die Summe, die da aufgerufen werden, auch nicht wehtun, im Vergleich zur Reichweite die sie erzielt haben. Kleinen Vereinen oder ehrenamtliche Institutionen aber schon. Es zeigt sich für mich auch in diesem Fall im Social Web mal wieder: Nicht alles was geht, ist erlaubt. Und nicht alles was rechtlich korrekt ist, ist moralisch korrekt.

Vorher Rechtslage checken oder Alternativen nutzen

Mein Tipp: vorher Rechtslage checken. Im Zweifel immer nachfragen. Nur weil es alle machen, ist es noch lange nicht rechtlich sauber. Im Zweifel gedanklich Unkosten für Lizenzen oder Abmahnungen bereithalten, wenn man es einfach so durchzieht. Oder: bleiben lassen und die Energie in andere Projekte stecken. Es gibt übrigens auch Lizenz- und GEMA-freie Musik. Dazu gibt es auch gewerbliche Anbieter, die Unternehmen zu einem Monats- oder Jahrestarif rechtefreie Musik bereitstellen. Das sind dann allerdings nicht die aktuellen Charthits aus dem Radio, sondern eigens komponierte Stücke. Bei Youtube selbst gibt es einen Musik-Katalog, der genutzt werden kann. Aber auch dort gilt: bitte vorher genau die Lizenzbedingungen studieren. Und als gewerblicher Anbieter trifft man immer wieder auf epidemicsound – nutze ich bis dato noch nicht, überlege aber inzwischen ernsthaft, ob das für die Zukunft eine Option ist. Und nein, ich bekomme von denen keine Prämie.

Wenn Dich solche Themen interessieren, dann folge mir auch bei Twitter und Instagram. Und wenn Du für Deine Firma oder Dein Team kreative Social Media Aktionen starten willst, Schulungsbedarf besteht oder eine Beratung im Einzelfall: Dann kontaktiere mich gern für ein Social Media Seminar für dein Team in Dresden. Ich biete Workshops und Seminare sowie Beratungscalls und Vor-Ort-Beratung für Social Media-Verantwortliche, Marketingteams, Redaktionen und Führungskräfte an.