Drücke „Enter”, um zum Inhalt zu springen.

Datenschutz bei Facebook – Stadt Dresden: “wir werden nichts abschalten”

Andreas Szabó 0

Zuletzt aktualisiert am 13. Juli 2023

Der Bundesdatenschutzbeauftragte und seine Länderkolleginnen erhöhen den Druck beim Umgang mit Social Media. Der oberste Datenschützer in Deutschland hatte das Bundespresseamt bereits im vergangenen Jahr aufgefordert, die Facebook-Seiten der Regierung abzuschalten. Oder nachzuweisen, dass diese nun datenschutzkonform betrieben werden. Die Datenschützer gehen davon aus, dass der Betrieb einer Facebookseite aktuell nicht rechtssicher möglich ist. Gleiches gilt im übrigen für Instagram, Tiktok oder Twitter. Im Fokus stehen aktuell aber weiter die Facebook-Fanseiten.

Wie ist der letzte Stand? Anhörungsverfahren gestartet

Im Juni 2022 hat nun der Bundesdatenschutzbeauftragte ein Anhörungsschreiben an das Bundespresseamt zum Betrieb seiner Facebook Fanpage versendet. Eigentlich sollte die Antwort bereits am 20. Juli vorliegen. Wie mir der Sprecher des Datenschützers, Christian Stein, mitteilte, habe das Bundespresseamt frühzeitig eine Fristverlängerung beantragt, der man auch zugestimmt habe. Bis zum 15. August müsse die Antwort des Bundespresseamtes vorliegen. Anschließend werden die Äußerungen geprüft, hatte Stein auf meine Anfrage im Juli mitgeteilt.

“Es lässt sich nicht pauschal sagen, wie lange der BfDI benötigen wird, um die Stellungnahme des BPA im Anschluss zu prüfen. Dies hängt unter anderem mit dem Umfang der Antwort und den vorgebrachten Argumenten zusammen.”

Sprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten

Im nächsten Schritt könnte der Datenschützer Maßnahmen ergreifen und eine Stilllegung der Regierungspage anordnen. Anders als bei Unternehmen könnte die Regierung den sofortigen Vollzug durch eine Anfechtungsklage verhindern. Ein langwieriges Verfahren steht also ins Haus. Ob Facebook-Fanpages für Behörden wirklich verboten werden und ab wann: völlig offen.

Gestützt wird die Rechtsaufassung der Datenschützer auf ein relativ neues Kurzgutachten (PDF).

Sachsen beantragt Facebook-Insights abzuschalten – ist das eine Lösung?

Neben weitere Kritikpunkten sehen Datenschützer die Insights-Funktion bei Facebook als problematisch an. Dort können Seitenbetreiber statistische Angaben über ihre Fans abrufen: das betrifft den Wohnort, das Alter, die Zahl der Likes und Kommentare und Statistiken zum Erfolg von Beiträgen.

Derartige Daten sind in den Facebook-Insights für Seitenbetreiber verfügbar (Screenshot: faecbook.com)

Diese Daten sind von Facebook allerdings bereits stark eingeschränkt worden. Detaillierte Angaben zu einzelnen Nutzern werden dort nicht ausgewiesen. Dennoch stört sich der Datenschutz an dieser Datenverarbeitung, ebenso an den Cookies, die Facebook setzt. Seitenbetreiber werden in der Mitverantwortung gesehen. Sie haben allerdings keinen Einfluss darauf, diese Facebook-Funktionen abzuschalten.

Genau hier setzt nun die sächsische Staatskanzlei an. Denn: die sächsische Landesregierung ist von der Datenschutzbeauftragten des Landes aufgefordert worden, sich zu ihren Facebook-Aktivitäten zu äußern, im April hatte die sächsische Datenschutzbeauftragte Juliane Hundert mitgeteilt:

“Behörden, die eine Facebook-Fanpage betreiben, sollten sich darüber im Klaren sein, dass die Nutzung unweigerlich mit Rechtsverstößen gegen den Datenschutz verbunden ist. Deshalb ist es für öffentliche Stellen höchste Zeit, sich mit Facebook zusammenzusetzen und eine datenschutzkonforme Nutzung zu vereinbaren oder sich von Facebook zu verabschieden.”

Juliane Hundert, Sächsische Datenschutzbeauftragte

Sachsen hat nun reagiert und bei Facebook die Abschaltung der Insights-Funktion beantragt. Regierungssprecher Ralph Schreiber sagte dazu auf Anfrage der Deutschen Presseagentur, sowie zuvor bei Sächsische.de: “Für ihre Facebook-Seite hat die Staatskanzlei die Deaktivierung der Insights-Funktion bei Facebook beantragt und ist damit bereits einer wesentlichen Forderung der Datenschutzbeauftragten nachgekommen”.

Wie Sächsische.de weiter berichtet, reiche das der Landesdatenschutzbehörde nicht aus: “Sie hat die Staatskanzlei daher aufgefordert, im Rahmen einer Anhörung eine Stellungnahme zu den von ihr beklagten Mängeln vorzulegen. Als Frist dafür wurde der 31. Oktober dieses Jahres festgelegt. Danach will die Behörde entscheiden, ob und wann eine Anordnung zur Sperrung der Regierungs-Fanseite erlassen wird.”

Wie halten es Kommunen? Landeshauptstadt Dresden denkt nicht im Traum ans Abschalten

Das Thema Facebook-Fanseiten wird im nächsten Schritt dann nicht nur Bundes- und Landesbehörden betreffen, sondern auch Kommunen und andere öffentliche Einrichtungen.

Ich habe deswegen bei der Landeshauptstadt Dresden angefragt, ob dort eine Abschaltung der Fanseite Stadt Dresden zur Debatte steht. Die folgende Antwort erhielt ich:

Wir werden auf soziale Medien nicht verzichten. Unser Auftrag ist es, mit den Menschen zu kommunizieren, sie zu informieren. Viele Zielgruppen erreichen wir nur über die Sozialen Medien. Und das hat gerade die
Corona-Pandemie und jetzt auch die Kommunikation mit Geflüchteten aus der Ukraine und Helfern wieder eindrücklich gezeigt.


Was wir als Kommune für den Datenschutz tun können, tun wir. Wir machen die Datenverarbeitung transparent in der Datenschutzerklärung auf unseren Facebook-Seiten. Darin enthalten ist auch der Hinweis, dass Facebook persönliche Daten der Nutzer außerhalb des Verantwortungsbereiches der Stadtverwaltung unzulässig verarbeitet. Des weiteren werden über Facebook keine personenbezogene Anfragen / Anträge abgewickelt. Das heißt, wir erheben / speichern da keine Nutzerdaten und weisen die Nutzer regelmäßig darauf hin, uns keine personenbezogenen Informationen zu senden.”

Und weiter schreibt die Stadt auf meine Anfrage:

“Solange die Bundesbehörden selbst und auch Landesbehörden soziale Medien nutzen, werden wir das auch tun und nichts abschalten oder einschränken. Dazu sehen wir keinen Anlass.”

Landeshauptstadt Dresden

Auf ihrer Website informiert die Landeshauptstadt Dresden sehr umfangreich über ihre Social Media-Aktivitäten und die Vielzahl der Kanäle der verschiedenen Stellen und Einrichtungen der Stadt von Feuerwehr, über Museen bis hin zum Zoo. Die Kommune betreibt demnach:

Wie geht’s weiter? Droht die große Facebook-Seiten-Abschaltungswelle?

AllSocial (ehemals AllFacebook) hat das Thema in einem guten Text zusammengefasst und einen Juristen befragt. Eine der sehr hilfreichen Aussagen von Carsten Ulbricht:

” Aus meiner Sicht erscheint es aufgrund der zunehmenden Bedeutung von Social Media für die Bürgerkommunikation auch nicht richtig, wenn öffentliche Stellen ihre Social Media Präsenzen nun abschalten sollen. Dabei hilft es Maßnahmen zu treffen, die die datenschutzrechtlichen Risiken reduzieren. Hierzu gehört neben einer möglichen Abschaltung der Facebook Insights in jedem Fall die Bereitstellung einer Datenschutzerklärung, die die Nutzer entsprechend Art. 13 DSGVO über die Verarbeitung auf der Facebookseite informiert. Öffentlichen Stellen empfehlen wir in diesem Zusammenhang auch die Umsetzung der Richtlinie zur Nutzung von Sozialen Netzwerken für öffentliche Stellen“ der Landesdatenschutzbehörde Baden-Württemberg.”

Fazit: bundesweite und europäische Lösung müssen gefunden werden

Meine Einschätzung: die Verhandlungen und Auseinandersetzungen zur Einhaltung des Datenschutzes sind in erster Linie auf Bundes- und EU-Ebene (Europäischer Gerichtshof EuGH) mit Facebook-Mutterkonzern Meta weiter zu führen. Der Konzern muss sich bewegen und geltendes Recht einhalten. Es muss hier eine Lösung für alle gefunden werden – denn auch Unternehmen sind genauso betroffen wie öffentliche Stellen.

Update 2. November 2022

Wie Sächsische.de berichtet (nur mit Abo abrufbar), erwägt die Landesregierung nun auch eine anwaltliche Vertretung für den Vorgang. Damit wäre ein langwieriger Rechtsstreit vorprogrammiert. Zudem wurde bei der sächsischen Datenschutzbeauftragten eine Fristverlängerung bis 31. Januar 2023 beantragt, diese wurde auch genehmigt.

Update 23. Februar 2023

Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat nun das Bundespresseamt (BPA) aufgefordert, innerhalb von vier Wochen die Facebookseite der Bundesregierung abzuschalten. Der Bescheid ist im Volltext (PDF) hier abrufbar. Das BPA kann Rechtsmittel einlegen, das hätte aufschiebende Wirkung.

Ich habe beim Bundesdatenschutzbeauftragten nachgefragt, warum er nicht Meta verklagt. Sprecher Stein erklärte auf meine schriftliche Anfrage:

“Der Bescheid des BfDI bezieht sich explizit nur auf die durch das Bundespresseamt betriebene Facebook Fanpage der Bundesregierung und nicht auf andere Fanpages oder andere Produkte des Meta-Konzerns. Grundsätzlich liegt die datenschutzrechtliche Aufsicht für Meta in der EU bei der irischen Datenschutzaufsichtsbehörde DPC. Da hier nach mehr als vier Jahren Geltung der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) noch immer wesentliche Verfahren nicht abgeschlossen sind, hat sich der BfDI entschieden bei den seiner Aufsicht unterstehenden Stellen, bei denen von einer gemeinsamen Verantwortung für die Datenverarbeitung auszugehen ist, entsprechende Verfahren einzuleiten. Das Verfahren gegen das Bundespresseamt kann daher durchaus als Musterverfahren gesehen werden.

Das Bundespresseamt kann nun entweder die Anweisung des BfDI umsetzen (innerhalb von vier Wochen nach Eingang) oder gegen den Bescheid klagen (innerhalb von einem Monat nach Eingang). Eine Klage gegen den Bescheid des BfDI hätte aufschiebende Wirkung, weshalb die Fanpage dann bis zum Ende eines gerichtlichen Verfahrens weiter betrieben werden könnte. Für welchen Weg sich das Bundespresseamt entscheiden wird, können wir nicht beantworten. Ich bitte Sie, sich hierzu direkt an das Bundespresseamt zu wenden.

Wie bereits erwähnt, kann der BfDI nicht direkt aufsichtsrechtlich gegen Meta vorgehen, da die zuständige datenschutzrechtliche Aufsicht in der EU bei der irischen DPC liegt. Der BfDI setzt sich als deutscher Vertreter im Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) intensiv dafür ein, dass datenschutzrechtlichen Probleme im Geltungsbereich der DSGVO zu einer harmonisierten Rechtsdurchsetzung in der EU führen. Dazu hat er sich beispielsweise eingebracht, die Leitlinien des EDSA mit- und weiterzuentwickeln, die die interne Streitbeilegung bei unterschiedlichen Rechtsauffassungen klären.

Wie bereits in der Pressemitteilung beschrieben, sieht auch der BfDI die wichtige Bedeutung der Kommunikation von Bürgerinnen und Bürgern mit öffentlichen Stellen. Dabei müssen sich öffentliche Stellen allerdings vorbildlich an Recht und Gesetz halten. Meta hatte lange Zeit die Möglichkeit, seine Datenverarbeitung rechtskonform auszugestalten. Da es hier jedoch keine Fortschritte gibt und das Bundespresseamt nicht nachweisen konnte, dass die Datenverarbeitung rechtmäßig ist, muss der BfDI gemäß seiner gesetzlichen Aufgaben für eine Durchsetzung der geltenden Gesetze sorgen. Eine rechtskonforme Nutzung von Sozialen Medien durch die Bundesregierung ist jederzeit möglich.”

Welche konkreten Probleme die Datenschützer mit Facebook-Fanpages haben, wird hier (PDF) zusammengefasst.

Update 7. Juli 2023

Die sächsische Datenschutzbeauftragte hat nun per Bescheid den Betrieb der Facebook-Seite untersagt. Nun ist eine gerichtliche Klärung zu erwarten. (Hier der aktuelle Text dazu.)

Update 13. Juli 2023

Die Dissidenten Fraktion im Dresdner Stadtrat hat nun im Sommerloch den Antrag eingebracht, die städtische Facebook-Seite abzuschalten. “Selbiges ist für etwaige Facebook-Profile städtischer Institutionen zu unternehmen”, heißt es in dem Antrag. Das würde also auch Verkehrsbetriebe, Bäder, Feuerwehr, Museen und andere Kultureinrichtungen betreffen. Parallel solle man sich um Alternativen bemühen, zum Beispiel eine sächsische Mastodon-Instanz. Den Antrag haben die Dissidenten u.a. auf ihrer Facebook-Seite gepostet. (Transparenzhinweis: ich gebe im politischen Bereich Social Media Workshops, u.a. auch bei Fraktionen im Stadtrat wie den Dissidenten.)

Du bist unsicher, was bei Facebook oder Instagram geht oder nicht geht? Ich empfehle Dir in jedem Fall juristische Beratung und immer eine Abstimmung mit deinem Datenschutzbeauftragten. Wie dein Team dann Datenschutzkonform in Social Media kommunizieren kann, das können wir gerne zum Thema in einem gemeinsamen Social Media Workshop in Dresden machen.