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“Resonanz beeindruckend” – Sächsische Medien bei TikTok: von viral bis spezial

Andreas Szabó 0

Zuletzt aktualisiert am 31. März 2023

Mehr und mehr Medienhäuser in Sachsen starten eigene reichweitenstarke Kanäle bei TikTok: Nach Sächsischer Zeitung, LVZ.DE, MDR und einigen Radiosendern ist mit Sachsen Fernsehen das nächste sächsische Medienhaus bei TikTok gestartet. Und erreicht gleich zu Beginn ein Millionenpublikum:

Sachsen Fernsehen erzielt in erster Woche über 5 Millionen TikTok-Views

Wie Moderator Benedict Bartsch bei LinkedIn berichtet, sei die Resonanz beeindruckend: “Über 5 Millionen Aufrufe, fast 250.000 Likes, 11.000 Follower”, schreibt Bartsch. “Der Kanal bietet Kurzvideos zu aktuellen Nachrichtenthemen, die Sachsen bewegen. Wir freuen uns, auf diesem Weg noch mehr Menschen in unserer Region zu erreichen und mit spannenden Inhalten zu begeistern.”

Journalist Benedict Bartsch zeichnet sich für den neuen
TT-Kanal von Sachsenfernsehen mitverantwortlich (Screenshot: LinkedIn)

“Regionale News und TikTok: das matcht!”

SachsenFernsehen hat gleich zum Auftakt eine Reihe viraler Videos produziert. Polarisierende Themen mit hohem Nachrichtenwert wie die Protestaktionen der Letzten Generation (“Klimakleber”), eine Gasexplosion in Dresden oder die Warnstreiks sorgten für mehrere Videos mit sechsstelligen Abrufzahlen und mehreren Zehntausend Likes.

Für mich ist das wieder der Beweis: (regionale) News und TikTok – das matcht, das funktioniert.

Die Sächsische Zeitung ist – ähnlich wie die Kollegen der LVZ – bereits seit vergangenem Jahr bei TikTok am Start, gehörte im Dezember zu den erfolgreichsten deutschen Publishern bei TikTok, der flurfunk berichtete. Mehrere Videos mit lokaler Relevanz, wie Weihnachtsmarkt oder Geiselnahme in Dresden erreichten hohe sechsstellige Abrufzahlen.

MDR mit Spezial-TikTok-Kanälen erfolgreich

Der von MDR-Volontären entwickelte Kanal @wahrscheinlichpeinlich ist im Februar 2023 der erfolgreichste TikTok-Kanal im funk Netzwerk. (Screenshot: tiktok.com/@wahrscheinlichpeinlich)

MDR-Volontäre haben 2021 einen sehr erfolgreichen Themenkanal gestartet: @wahrscheinlichpeinlich ist bei MDR Wissen angesiedelt (Funkhaus Halle – also nicht mehr ganz Sachsen). Mit über 320.000 Followern und fast 7 Mio. Likes (Stand März 2023) ein mega erfolgreicher Kanal.

Und mal wieder der Beweis: umso spitzer ein Kanal positioniert ist, um so besser. “Alles über Liebe, Sex und Pubertät” lautet die Kanalbeschreibung. Er ist nach Angaben eines MDR-Sprechers der erfolgreichste TikTok-Kanal im Februar 2023 im funk Netzwerk.

Ein weiterer themenspezifischer TT-Kanal des MDR ist “Eine Minute Geld“, der seit Ende 2022 am Start ist. Weitere Kanäle ohne direkten Sendungsbezug sind “Popsorben” und “Richtig Falsch”. Sendungs- bzw. Senderspezifische MDR-Kanäle bei TikTok gibt es von MDR Sputnik, “Irgendwas mit Medien” und “Schloss Einstein”.

Fan-Kanal für “Kripo Live” soll vom Netz gehen

Auch der Kanal mdr_kripolive kommt auf gute Zugriffszahlen. Problem dabei: nach meinen Informationen handelt es sich bei @mdr_kripolive um gar kein offizielles mdr-Angebot. Der MDR will deswegen Maßnahmen ergreifen, den Kanal vom Netz nehmen zu lassen.

Schutzmaßnahmen und Transparenz aus Redaktionssicht verbesserungswürdig

Mit sieben Kanälen ist der MDR also bei TikTok vertreten. @wahrscheinlichpeinlich ist dabei das erfolgreichste Format, ein Sendersprecher teilte dazu auf meine Anfrage mit: “Das Fazit fällt – trotz nachvollziehbarer Bedenken rund um die Plattform – positiv aus. Sowohl die Nachfrage nach dem Angebot als auch Anzahl und Qualität der Kommentare zeigen, dass auf der Plattform Bedarf für öffentlich-rechtliche Angebote besteht und die Userinnen und User sie dankbar annehmen. Verbesserungswürdig sind aus Sicht der Redaktion die Transparenz des Algorithmus und der „Schutzmaßnahmen“, die oft nicht zwischen seriösen Aufklärungsinhalten und jugendgefährdendem Content unterscheiden.”

Eigene Mediathek/Apps stärken oder Drittplattformen nutzen?

Der MDR steht wie viele Medienhäuser vor dem Dilemma, bestimmte Zielgruppen über eigene Kanäle/Apps schlecht zu erreichen. Andererseits werden Drittplattformen wie Instagram, YouTube oder TikTok von manchen Sendermanagern nur ungern genutzt, da dann eben Drittplattformen kostenfrei mit qualitativen Inhalten aus dem ÖRR gefüttert werden.

Für diese Fragestellung gibt es eine sogenannte MDR/ARD-Distributionsstrategie, teilte ein Sprecher des MDR mit: “Die Stärkung der eigenen Plattformen wird priorisiert. Für die Nutzung von Drittplattformen sprechen Gründe wie das Erreichen bestimmter jüngerer Zielgruppen, dem Aufbau von Communitys oder Funktionen, die auf unseren eigenen Plattformen nicht angeboten werden können.”

Da sehr viele Menschen Medien heutzutage auch über Social Media nutzen und einige sich über diese Wege bereits mit einem Großteil ihrer Informationen versorgen, halten wir es für wichtig und relevant, auch hier präsent zu sein und Dialog anzubieten. Wir beobachten die Entwicklung von sogenannten Drittplattformen und Social Media – u.a. im Hinblick auf Kriterien wie publizistische Relevanz, Auffindbarkeit, Absenderkennung, Datenschutz- oder andere Sicherheitsaspekte – kontinuierlich und bewerten unsere Aktivitäten entsprechend.

Sprecher des MDR

Damit kein Wildwuchs entsteht und neue Social Media Kanäle mit Konzept und Ziel hochgezogen werden, werden diese beim MDR vorab geprüft und freigegeben. “Das Prozedere dazu ist in den Leitlinien für die Verbreitung und Verwertung von Inhalten des MDR auf Plattformen Dritter geregelt. Nach erfolgter grundlegender Freigabe wird die Entscheidung darüber, ein Angebot für eine Drittplattform zu entwickeln immer den einzelnen Redaktionen überlassen. Für jedes neue Angebot wird ein Nutzungskonzept entwickelt”, teilte der Sprecher des MDR mit.

Radio Macher-TikTok-Pioniere in Sachsen

Radio PSR startete bereits 2019 bei TikTok und bespielt den Kanal sehr erfolgreich (Screenshot: tiktok.com/@radiopsr_offiziell)

TikTok-“First-Adopter” in Sachsen war ein Hörfunk-Sender: Radio PSR hat bereits im Januar 2019 seinen Kanal gestartet und die ersten TikToks hochgeladen. Der Kanal beweist, Unterhaltung und TikTok, das passt einfach. Das Team hat erst kürzlich mit einem Video die eine Million Views-Grenze geknackt, kommt auf eine halbe Million Likes und immerhin über 67.000 Follower. Dazu muss man sagen, dass die Währung “Follower” bei TikTok nur eine untergeordnete Rolle spielt. (Stichwort: Contentgraph).

Auch der Partnersender R.SA hat immerhin seit 2021 einen TikTok-Account, ist bei weitem aber nicht so aktiv wie die Kolleg:innen von PSR. Der dritte im Bunde aus dem Leipziger Funkhaus, Energy Sachsen, kam zuletzt dazu und bespielt recht unregelmäßig seit 2022 einen eigenen Account. Von der privaten Radiokonkurrenz der BCS Broadcast Sachsen (Hitradio RTL & die sächsischen Lokalradios) sind bislang keine TikTok-Accounts bekannt (Transparenzhinweis: ich habe dort bis 2019 gearbeitet).

Datenschutz, Jugendschutz und TikTok

In den USA wird ein prinzipielles TikTok-Verbot weiter vorangetrieben, auch wenn unklar ist, ob das wirklich realistisch durchsetzbar ist. Auf Dienstgeräten in den USA, Kanada oder in der EU-Kommission ist TikTok inzwischen verboten. Auch die BBC hat angeordnet, dass TikTok auf Dienstgeräten nur genutzt werden darf, wenn zwingend notwendig.

Auch hier in Deutschland wird die Entwicklung aufmerksam verfolgt, es gibt aber noch keine pauschalen TikTok-Verbote beim mdr: “Vorgaben für die Verwendung von TT auf Dienstgeräten gibt es bisher keine. Wir verfolgen die aktuelle Debatte aber sehr genau. Wichtig wäre aus unserer Sicht eine Einschätzung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI).”

Überblick: Sächsische Medien bei TikTok

Hinweis: die Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit, wenn ihr weitere Medien oder Spezial/Themen-Kanäle der “traditionellen” Medienhäuser kennt, sagt gerne Bescheid.

Und: Bei der Recherche dieses Artikels fällt mir auf: am Ende ist das gerade bei Netzwerken wie TikTok gar nicht mehr so entscheidend, wer da hinter dem Kanal steckt. Klar sind die Kanäle der großen Medienhäuser top produziert, Video-Material liegt häufig sowieso vor. Dazu sind die Videos inhaltlich gut recherchiert. Gerade TikTok ist allerdings eine Plattform, die auch vom “De-Branding” lebt: weniger Logos, weniger Hochglanz.

Link-Tipp: wer den Wiki-Artikel allein zu funk-Formaten ansieht, der sieht erst, in welcher umfangreichen Vielfalt bundesweit die Sender inzwischen Formate für die jungen Zielgruppen im Netz anbieten oder angeboten haben. TikTok dominiert dabei gar nicht, YouTube spielt eine sehr große Rolle. Auch bei Instagram ist das eine oder andere Format dabei.

Wenn du selbst noch überlegst und unsicher bist, ob du für dich und dein Unternehmen bei TikTok starten solltest: kontaktiere mich gerne für ein Strategiegespräch oder einen TikTok-Workshop.