189.717 € gibt die Stadt Dresden für eine Party aus, die einmal jährlich ausgerichtet wird für eine spezielle Zielgruppe: für alle Dresdner:innen, die in diesem Jahr 18 Jahre alt geworden sind. Diese Zahl nannte die Stadt nach einer Anfrage der Linken Fraktion im Stadtrat. Das ganze soll eine Werbe-Maßnahme fürs Dresdner Rathaus und die Verwaltung sein und die Verwaltung als attraktiven Arbeitgeber präsentieren.
Gut investiertes Geld in Zeiten von Haushaltssperren?
Über Sinn / Unsinn / Verhältnismäßigkeit in Zeiten einer Haushaltssperre kann man diskutieren. Ich persönlich finde es richtig, sich junge Leute auch mit unkonventionellen Mitteln ins Haus zu holen. Ich finde aber einen Punkt sehr spannend:
Im Artikel von Sächsische.de (nur mit Abo) bzw. in der Antwort der Stadt auf die Anfrage der Linken wird auch die Rechnung aufgemacht, wie viele Leute man damit erreicht. Konkret: wie viele Menschen zur Party kamen und wie viele Online und in den Socials erreicht wurden. Da schaue ich deswegen gern genauer hin:
3.800 Website-Besucher und 67.000 Instagram-Impressions
– 3.800 Besuche wurden auf der Event-Website im Werbezeitraum (Juli – September 2022) gezählt
– 67.000 Impressions wurden bei Instagram registriert. Der Account @nachtschicht_18_dresden kommt aktuell auf 719 Follower.
– Nach meinen Infos bekam jeder Abiturient in Dresden (teils zweimal) Post mit der Einladung zur Party
– 2.800 Gäste kamen in Person zur Party
Mit 190.000 € Budget könnte Dresden auch “das Internet durchspielen”
Ich sage mal so: mit 190.000 € könnte die Landeshauptstadt Dresden auch an 365 Tagen im Jahr TikTok, Instagram, Snap und Google-Ads für die Zielgruppe 18-24 Jahre in Dresden schalten und damit ein Vielfaches an Kontakten erzielen.
Selbst wenn man Agentur/Konzeption/Creation etc. mit einrechnet, hätten wir hier eine Kampagne mit gewaltigem “Wumms”.
Ich mach mal eine kleine fiktive Beispielrechnung auf, könnte man sicher noch optimieren:
Wenn 100.000 € rein für Medialeistung zur Verfügung stünden, kämen wir bei einem Tausender-Kontakt-Preis von, sagen wir 8 €, auf gigantische 12,5 Millionen Impressions.
Soll heißen: die genannten Social Media / Onlinezahlen in diesem Zusammenhang als Beleg zu nehmen, dass das Party-Format erfolgreich ist, halte ich für schwierig.
2.800 junge Gäste aus Kernzielgruppe sind ein Erfolg
Die 2.800 Gäste aus der Kernzielgruppe sind dagegen ein Erfolg. Wenn wir von etwa 5.000 18-jährigen Einwohnern ausgehen (die genaue Zahl fehlt mir gerade, habe ich aber angefragt. Mehr als 5-6.000 dürften es aber nicht sein), wurde hier mehr als jeder Zweite aus der Kernzielgruppe aktiviert/erreicht. Das ist ein großer Erfolg.
-> Wenn am Ende 1 % eine Ausbildung bei der Stadt anfangen aufgrund des Erstkontaktes durch die Party, wären 28 Azubis gewonnen.
-> 6.700€ pro Stellenbesetzung wäre zwar noch hoch, aber relativiert die Summe dann doch etwas.
Es lohnt sich also, bei solchen Maßnahmen genauer hinzusehen. Das macht der Stadtrat in seiner Kontrollfunktion, was auch richtig ist. Die Bewertung, ob der Preis/Aufwand angemessen ist, darüber lässt sich aber trefflich streiten.
Ich hab zu dem Thema auch eine längere Anfrage an die Stadt Dresden gestellt, Update folgt.
Weiterführende Links:
– Pressemitteilung der Linken Fraktion im Stadtrat Dresden
– Antwort des Oberbürgermeisters auf Anfrage der Linken
– Artikel bei Sächsische.de (nur mit Abo)
– Instagram-Account der Nachtschicht_18
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